Lerntipps fürs Jurastudium

Pauline Andler · 

Alle Studierenden kennen das Gefühl, vor einem Berg an Lernstoff zu sitzen und dabei schier zu verzweifeln. Daher geben wir regelmäßig unser Bestes, um euch mit Lerntipps das Leben etwas zu erleichtern!

Im Jurastudium gibt es einige strukturelle Besonderheiten, die die Studierenden beim Lernen vor spezielle Herausforderungen stellen. Unsere leiderprobte Autorin widmet den angehenden Jurist:innen unter uns heute einen eigenen Beitrag mit Lerntipps für Klausuren, Übungen und Staatsexamen.

Das Jurastudium zeichnet sich durch eine gigantisch große Menge an Lernstoff aus, welche im Rahmen von Semesterabschlussklausuren, Übungsklausuren und Staatsexamen auf unterschiedliche Weise abgefragt wird.


In diesem Beitrag geben wir euch Tipps, wie ihr die einzelnen Etappen eures Jurastudiums gut bewältigen könnt!


Dabei orientieren wir uns am „Saarbrücker Modell“, welches von zahlreichen Klausuren am Ende des Semesters, drei großen Übungsscheinen sowie einem Punktesystem geprägt ist. Sollte euch das Saarbrücker Modell unbekannt sein, könnt ihr euch gerne unseren Beitrag dazu durchlesen.

 

1. Die Semesterabschlussklausuren


Die Semesterabschlussklausuren finden, wie der Name schon sagt, am Ende jedes Semesters statt. Meistens sind es zwischen sechs und acht Klausuren. Wichtig bei der Bewältigung dieser Menge an Stoff, die man innerhalb von dreieinhalb Monaten lernen soll, ist es, nicht den Kopf zu verlieren.


In jedem Semester werden passend zu den Semesterabschlussklausuren Vorlesungen angeboten, die euch den Stoff vermitteln sollen. Durch den Besuch dieser Veranstaltungen lernt ihr die Grundzüge des vorgestellten Themenbereichs.


Diese Grundzüge werden oft in parallel zu den Vorlesungen angebotenen Arbeitsgemeinschaften und Tutorien durch Fallbearbeitungen in kleineren Gruppen vertieft. Der Besuch dieser Arbeitsgemeinschaften und Tutorien ist unerlässlich, da ihr dort lernt, wie der Themenbereich in einer Klausur, die meistens aus einem Fall besteht, anzuwenden und zu bearbeiten ist.
Häufig reicht das Wiederholen der Inhalte aus den AGs und Tutorien für das Bestehen der Semesterabschlussklausuren aus. Manchmal geben Professor:innen auch Hinweise, auf welche Teilbereiche ihr euch im Hinblick auf die Semesterabschlussklausuren besonders intensiv vorbereiten solltet.
Falls ihr euer Wissen neben der Bearbeitung der Fällen aus den Tutorien und AGs noch intensivieren wollt oder falls es eventuell keine Zusatzveranstaltung zu einem Fach gibt, lohnt es sich, einen Blick in Lehrbücher und Fallbücher zu werfen.
Diese findet ihr zum Beispiel im Buchhandel. Wichtig ist, dass ihr nicht das erstbeste Buch kaufen solltet, sondern dass ihr euch verschiedene anschaut und ein Gefühl dafür bekommt, welche Art von Lehrbuch oder Skript euch am meisten anspricht. Orientieren könnt ihr euch bei eurer Entscheidung an den Lehr- und Fallbuchempfehlungen der Professor:innen, die meistens am Anfang des Semesters oder auf eure Nachfrage hin vorgestellt werden.


Die vorgeschlagenen Lehrbücher gibt es auch regelmäßig in der Bibliothek. Ausleihen könnt ihr euch die Bücher dort zwar nicht und es dürfen auch keine Markierungen eingezeichnet werden, das ist aber auch nicht unbedingt notwendig. In der Bibliothek herrscht eine angenehme Arbeitsatmosphäre, sodass ihr euch dort in Ruhe mit euren Lernmaterialien niederlassen könnt. Zusätzlich kann man in der Bibliothek auch Fachaufsätze zu bestimmten Themengebieten in juristischen Zeitschriften finden.
Viele der in der Bibliothek vorhandenen Lernmaterialien sind auch online abrufbar, zum Beispiel auf beck-online oder juris. Die Universität des Saarlandes hat dafür einen eigenen Zugang über die Bibliothek eingerichtet.


Einige Student:innen leben während des Grundstudiums nach dem Motto „Hauptsache bestanden und gerade so durch“, denn bei dem Saarbrücker Modell braucht man zum Erreichen des nächsten Jahres lediglich eine gewisse Gesamtpunktzahl. Hierbei sind die Noten in den einzelnen Fächern irrelevant. Mit einer schlechteren Note bekommt man ebenso viele Punkte wie mit einer guten Note, solange die Klausur bestanden wurde.
Mit dem Blick auf das erste Staatsexamen ist es allerdings ratsam, nicht nur das Allernötigste zu lernen. Ein Verständnis der gesamten Materie erspart einem zu einem späteren Zeitpunkt Stress und Arbeit. Dies muss jedoch jeder für sich selbst entscheiden.

 

2. Die Übungsklausuren


Die Übungsklausuren stellen einen Teil der Übungsscheine dar, welche man in den großen Fächern Strafrecht, Öffentliches Recht und Zivilrecht absolvieren muss, um zum ersten Staatsexamen zugelassen zu werden.

Prüfungsstoff ist die gesamte Materie dieses Prüfungsbereichs. Allerdings gibt es vor jeder Klausur mehrere Besprechungseinheiten, in denen die Person, die die Klausur stellt, Themenbereiche besonders intensiv bespricht und mit euch durchgeht.
Auf diese Themenbereiche solltet ihr euch mit Blick auf die Übungsklausur dann besonders vorbereiten. Natürlich werden dann nicht immer auch genau die gleichen Probleme in der Klausur abgefragt, aber die Besprechungen geben euch eine Orientierung, in welche Richtung die Klausur gehen könnte.
Bespricht ein Professor im Vorhinein mit euch Aussage- und Urkundsdelikte, dann könnt ihr davon ausgehen, dass in der Klausur eher keine Delikte der §§ 211 ff. StGB abgefragt werden. Überraschungen gibt es allerdings immer.


Um euch einen guten Überblick über den vorgestellten Themenbereich zu erlangen, lohnt sich aber auch hier ein Gang in die Bibliothek. Dort findet ihr neben den gängigen Fallbüchern auch besondere Fallbücher, die speziell auf die Vorbereitung für Übungsklausuren zugeschnitten sind.

 

3. Das erste Staatsexamen


Die Vorbereitung auf den Pflichtteil des Examens dauert bei den meisten Studierenden zwischen einem und eineinhalb Jahren.
Die Studierenden besuchen nach Ende des sechsten Semesters oder nach Ende des achten Semesters, je nachdem ob der Schwerpunkt schon absolviert wurde, ein Repetitorium. Dieses soll einem den examensrelevanten Stoff vermitteln. Es gibt neben kommerziellen Repetitorien auch eines an der Universität.
Am Anfang ist es oft schwer, mit der Menge an Stoff umzugehen, da man wöchentlich zwischen zwölf und vierzehn Stunden Repetitorium hat und sich dabei einiges anhäuft.
Im Repetitorium werden hauptsächlich Fälle besprochen, manchmal gibt es aber auch Exkurse in besonders aktuelle Themenbereiche.


Die Zusammenfassung des Stoffs aus den Fällen kostet sehr viel Zeit. Manchmal sogar so viel Zeit, dass man nicht mehr zur Wiederholung des bereits bearbeiteten Stoffs kommt.
Aber genau das ist das Wichtigste an der gesamten Vorbereitung: Das Repetitorium zieht sich über ein Jahr. In diesem Jahr kann man sehr viel lernen, aber auch sehr viel vergessen. Man sollte sich demnach genug Zeit zur Wiederholung lassen und seine Zusammenfassungen, soweit man welche schreiben möchte, nicht zu ausführlich gestalten. Immerhin finden sich auch bereits gute Zusammenfassungen in Skripten, die ebenfalls in der Bibliothek oder im Buchhandel zu finden sind.
Das Lernen mit Karteikarten kann bei der Wiederholung des Stoffs ebenfalls sehr hilfreich sein, da man durch die Einsortierung dieser in verschiedene Lernstufen genauestens über seinen Lernfortschritt informiert ist.


Unvermeidbar ist außerdem, die Systematik hinter der Fallbearbeitung zu verstehen, um im Examen selbst auch auf unbekannte Themengebiete vorbereitet zu sein.
Dies lernt man am besten durch die Bearbeitung vieler unbekannter Fälle. Die kommerziellen Repetitorien bieten dazu im Zusammenhang zu ihren Kursen wöchentliche Klausurenkurse an, die eine Art Examenssimulation schaffen können. Voraussetzung dafür ist, dass man sich nicht selbst betrügt, indem man das Internet oder Lehrbücher zur Fallbearbeitung hinzunimmt.
Die Universität des Saarlandes bietet auch einen eigenen Examensklausurenkurs an, der jeden Samstag vor Ort stattfindet, soweit pandemiebedingt keine Ausnahmen gelten.


Die Bearbeitung von Fällen hilft euch vor allem deswegen, weil ihr eine Rückmeldung des Korrektors bekommt. Dadurch lernt ihr, welche Fehler ihr vermeiden könnt. Außerdem erhaltet ihr über die gesamte Vorbereitungsphase ständig Feedback darüber, auf welchem Vorbereitungsstand ihr euch befindet und ob ihr bereit für die Prüfungen seid. Dies kann insbesondere bei der Wahl des Prüfungstermins von Vorteil sein.


Nebenbei sollte man sich hinsichtlich aktuell besonders relevanter Urteile und politischer Themen stets auf dem Laufenden halten. Besonders ratsam ist das Lesen von Zeitschriften, die diese Urteile kompakt als Fall darstellen. Erwähnenswert ist zum Beispiel die Zeitschrift „Rechtsprechungsübersicht“ von Alpmann Schmidt sowie die Zeitschrift „Life&Law“ von Hemmer. Aber auch die JuS eignet sich dafür. Zeitschriften wie die NJW, die wöchentlich erscheinen, sind meistens viel zu umfangreich für die Examensvorbereitung und lassen den Blick auf das Wesentliche verschwimmen.


Schlussendlich entwickelt jeder über die Jahre seine eigene Methode, wie er die Stoffmenge während des Grundstudiums bewältigt. Auch während der Examensvorbereitung kristallisiert sich für jeden eine individuelle Strategie heraus. Wir hoffen, euch mit unseren Tipps eine Basis bieten zu können, auf der ihr eure eigene Herangehensweise herausarbeiten könnt!