Juristisches Staatsexamen ‒ Ein Erfahrungsbericht

Carla Bernd · 

Das Damoklesschwert des Jurastudiums, die Achillesferse aller Jura-Studierenden. Erscheint es den Jurist:innen von morgen zunächst als weit entfernte Herausforderung, klopft es doch irgendwann an die Pforte: das Examen.

Pünktlich zum nächsten Termin für den Pflichtteil im Februar lässt uns unsere Autorin Carla Bernd an ihren Erfahrungen teilhaben. Sie hat letztes Jahr im August nach neun Semestern Studium mitgeschrieben und bestanden.

Wie eine dunkle, ominöse Wolke hängt er über dem Grundstudium aller Jurastudierenden: der Pflichtteil des Ersten Staatsexamens. Ewig wirkt es so, als läge das noch in weiter Ferne. Das liegt natürlich auch daran, dass das Studium der Rechtswissenschaften mit einer Regelstudienzeit von neun Semestern länger ist als ein Bachelorstudium mit nur sechs. Doch die Semester bis zum Beginn der Vorbereitung auf den Pflichtteil sind sehr viel schneller vorbei als gedacht. Da man eigentlich nie Zeiten hat, in denen man nicht mit Semesterabschlussklausuren, Übungen, Hausarbeiten oder Praktika beschäftigt ist, vergehen diese drei Jahre wie im Fluge. Und plötzlich ist es so weit: die Anmeldung für die Pflichtfachprüfung ist abgeschickt und das Examen steht vor der Tür. Spätestens jetzt befindet man sich gefühlt kurz vorm Nervenzusammenbruch.

 

Ich selbst habe den letzten Termin im August 2022 mitgeschrieben und die Anspannung war überwältigend. Am Ende der mehrjährigen Studienzeit bestimmt lediglich diese eine Prüfung, bestehend aus sechs Klausuren, über den Erfolg des Studiums. Bestenfalls läuft alles glatt und man schließt mit einer guten oder zumindest zufriedenstellenden Note ab. Wenn es allerdings nicht so gut läuft, hat man schlimmstenfalls Jahre „verschwendet“. Das setze ich in Anführungszeichen, weil sich die Kurse, die man im Rahmen des Grundstudiums belegt hat, auch auf andere Abschlüsse anrechnen lassen (an der Universität des Saarlandes zum Beispiel auf einen Bachelor in Wirtschaft und Recht) und weil man natürlich Erfahrungen gesammelt hat. Beim Examen hängt — neben dem angesammelten Wissen — viel vom Glück ab: Ob man mit dem Fall viel oder eher wenig anfangen kann, ob man eine:n strenge:n oder eher wohlwollende:n Korrektor:in hat und wie die physische und psychische Verfassung in der Prüfungsphase ist.

 

Für mich kann ich sagen, dass ich vorher geradezu Angst vor dem Staatsexamen hatte. Während des ganzen Studiums wird diese durch Kommiliton:innen, Professor:innen und Student:innen der höheren Semester geschürt. Die Zeit der Examensvorbereitung war mit Abstand die bisher schlimmste meines Lebens. Aber gerade diese Angst hat mir auch geholfen. Denn jetzt im Nachhinein weiß ich: Es ist trotz der Aufregung nicht so schlimm wie befürchtet. Es ist machbar. Es ist doch nur eine Prüfung. In keiner der Klausuren saß ich da und konnte gar nichts schreiben. Denn mit gut sitzenden Basics und Kenntnis gewisser grundlegender Probleme lässt sich so gut wie jeder Fall zumindest ausreichend lösen. Bestehen ist möglich. Bei uns kam ausgerechnet in der ersten Klausur ein Thema dran, mit dem ich nichts anfangen konnte. Aber weil ich mich auf die Grundlagen besonnen und versucht habe, trotzdem ein sauberes Gutachten hinzubekommen, habe ich die Klausur auch ohne vertiefte Kenntnisse bezüglich des Problems bestanden. Und durch die mündliche Prüfung lässt sich die Note auch noch mal heben. Ich persönlich konnte meinen Durchschnitt durch eine gute Leistung im Mündlichen um mehr als einen Punkt verbessern.

Mein Fazit damit: keine Panik! Es haben schon so viele vor dir das Examen bestanden, dann kannst du das auch! Und wenn es doch beim ersten Versuch nicht klappen sollte oder du durch eine oder mehrere Klausuren durchfällst, muss das nicht daran liegen, dass du nichts kannst. Denn wie gesagt: Es steckt auch sehr viel Glück drin! Einfach tief durchatmen (ich habe vor jeder Klausur eine kleine Atemübung gemacht, beispielsweise eine kurze Wechselatmung, bei der durch ein Nasenloch eingeatmet wird und durch das andere aus) und sich vor Augen führen, dass man sich über Monate, wenn nicht Jahre, das nötige Wissen angeeignet hat.

Deshalb wünsche ich allen, die in der Zukunft noch schreiben: Viel Glück, aber vor allem viel Erfolg! Ihr schafft das!