E-Examen: Digitalisierung des Juristischen Staatsexamens

Tim Schneider · 

Während viele Bundesländer zurzeit auf die Einführung des E-Examens hinarbeiten, ist das digitale Staatsexamen in anderen Bundesländern zumindest für die Zweite Juristische Staatsprüfung bereits Realität. Doch wie sinnvoll ist die Digitalisierung der juristischen Prüfungen? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und welche Hürden müssen überwunden werden, damit das E-Examen eine faire und chancengleiche Prüfungsalternative für die Studierenden bereitstellt? Diesen Fragen möchte der folgende Beitrag nachgehen.

Seit Jahren wird bereits über die Digitalisierung der Juristischen Staatsprüfungen diskutiert. Doch wie sinnvoll ist eine Einführung eines solchen E-Examens? Welche Vorteile gibt es und welche Hürden müssen überwunden werden, ehe eine digitale Prüfungsablegung eine faire und chancengleiche Alternative für alle Studierenden darstellt?

Dieser Beitrag möchte über die Möglichkeiten, das Juristische Examen auch in digitaler Form ablegen zu können, informieren und Vorzüge sowie Nachteile des E-Examens aufdecken.

Schon seit längerer Zeit gibt es Bestrebungen in den einzelnen Bundesländern, die Ablegung der Juristischen Staatsexamina auch in digitaler Form zu ermöglichen. So plant etwa Hamburg ab 2022 und Bayern ab 2023, die Ablegung des Zweiten Juristischen Staatsexamens auch in digitaler Form zuzulassen. Vorreiter bei der Digitalisierung der juristischen Prüfungen ist jedoch Sachsen. Hier können Referendare bereits seit dem Frühjahr 2019 die juristische Staatsprüfung in digitaler Form ablegen.

Dass eine solche Digitalisierung des Staatsexamens einige Vorteile bietet, liegt klar auf der Hand. So lässt sich etwa durch die digitale Anfertigung der Klausurlösung an beliebiger Stelle Text löschen oder hinzufügen. Vorbei wäre dadurch die Zeit, in der nachträgliche Ergänzungen in den Lösungstext nur noch mühsam durch Verweise auf nachfolgenden Seiten möglich sind. Dass dies sowohl für Klausurbearbeiter als auch Korrektor vorteilhaft ist, erscheint offensichtlich. Studierende können durch die Möglichkeiten der Textbearbeitung die Klausur auch noch im Nachhinein in klarer Form strukturieren. Durch die klar strukturierte Falllösung in abgetippter Form werden eventuelle Verwirrungen des Korrektors vermieden. Weiterer Vorteil ist auch die Anonymisierung der einzelnen Klausuren durch das digitale Aufsetzen des Klausurtextes. Während handschriftlich verfasste Klausurlösungen häufig Rückschlüsse auf Merkmale des Verfassers – wie etwa das Geschlecht – zulassen, ist das Erscheinungsbild der digitalisierten Lösung durch die Verwendung der Tastatur im Großen und Ganzen bei jeder Klausur gleich. Hierdurch wird auch das Problem der durch den Prüfungsstress häufig hervorgerufenen Unleserlichkeit mancher Klausuranten-Handschrift umgangen. Insgesamt wird daher durch die Digitalisierung der Staatsprüfung im Einzelfall auch die Chancengleichheit erhöht.

Die Einführung eines E-Examen hat jedoch nicht nur Vorteile. Der Einsatz von Technik bietet nicht nur Erleichterungen, sondern besitzt auch eine gewisse Fehleranfälligkeit. Während bei der herkömmlichen Klausurbearbeitung durch Stift und Papier die Falllösung durch den Einsatz des Kugelschreibers fest auf dem Papier fixiert ist, genügt bei der digitalen Bearbeitung am Computer unter Umständen eine unglückliche Tastenkombination, um den mühsam angefertigten Klausurtext zu löschen oder im schlimmsten Fall den PC ganz herunterzufahren. Daher muss beim E-Examen immer für ein Mindestmaß an Techniksicherheit gesorgt werden.

Des Weiteren setzt das E-Examen auch eine hinreichende Technikkompetenz voraus. Es kann zwar grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Studierende und Referendare meistens über genügend IT-Kenntnisse verfügen, um problemlos eine Klausurlösung am Computer anzufertigen; es darf jedoch bezweifelt werden, ob wirklich ein Großteil der Examenskandidaten auch das schnelle Schreiben an der Tastatur unter Einsatz aller zehn Finger beherrscht. Dieser Zweifel wird insbesondere dadurch verstärkt, dass solche Fertigkeiten während des Jura-Grundstudiums grundsätzlich nicht gelehrt werden. Zwar wird in den Bundesländern, in denen das E-Examen zurzeit erprobt wird oder eine Erprobung in naher Zukunft geplant ist, auch weiterhin die Möglichkeit gegeben sein, die Staatsprüfung handschriftlich abzulegen. Dass eine Klausurlösung am PC unter Anwendung der 10-Finger-Schreibtechnik wesentlich schneller erstellt werden kann als handschriftlich mit Stift und Papier, liegt jedoch auf der Hand. Die einzelnen Examensjahrgänge sind daher durch die Einführung des E-Examens noch weniger vergleichbar als bisher.

Wie gesehen bietet eine Einführung des E-Examens zahlreiche Vorteile für Klausurbearbeiter und Korrektoren. Bevor jedoch eine einheitliche Umstellung auf eine digitale juristische Staatsprüfung erfolgen kann, müssen zuvor die bestehenden faktischen Hürden überwunden und bereits im Studium die richtigen Weichen für eine optimale Vorbereitung auf die digitale Fallbearbeitung gestellt werden. Nicht nur muss in jedem Fall die Fehleranfälligkeit des Technikeinsatzes weitestgehend ausgeschaltet werden. Es muss auch für eine einheitliche Technikkompetenz unter den Prüfwilligen gesorgt werden, damit das E-Examen eine faire und chancengleiche Prüfungsalternative für alle Studierenden und Referendare bietet.