Auslandsjahr in den USA - ein Erfahrungsbericht

ZRDyoung-Redaktion · 
Man sieht einen weißen Kreis in einem dunkelroten Hintergrund. In diesem Kreis befindet sich eine graphische Darstellung eines Mannes im Anzug, der auf einem Papierflugzeug um die Erdkugel fliegt. Bei sich hat er außerdem ein Buch und eine Aktentasche.

Unsere Gastautorin Luisa Pfeifer besucht eigentlich die Universität Konstanz. Doch für ein Jahr erkundet sie aktuell die Uconn in Storrs, Connecticut. Was sie bisher alles erlebt hat, erzählt sie in unserem neuen Beitrag.

Nach Monaten voller Planung, Vorfreude und etwas Unsicherheit begann Ende August 2023 mein lang ersehntes Auslandssemester.

Ich flog mit einem Freund nach New York und von dort aus begaben wir uns auf den chaotischen Weg nach Connecticut. Übermüdet vom langen Flug überwältigte mich NYC mit seinen in der Sonne glänzenden Wolkenkratzern, den vielen Menschen und den stickigen U-Bahnschächten. In Storrs angekommen, war ich fasziniert, wie amerikanisch alles aussah. Die Backsteingebäude, die vielen amerikanischen Flaggen - alles schien genauso, wie ich es aus Filmen kannte. Ich bemerkte schnell, dass sich auch andere Klischees bestätigten, wie beispielsweise die roten Becher auf Partys und die gelben Schulbusse, die auf den Straßen zu sehen waren.

Da das Semester gerade erst begonnen hatte, veranstaltete meine Gastuniversität viele Veranstaltungen für neue und wiederkehrende Studenten. Damit wurde man schnell vom Uni-Spirit mitgerissen: Ich besuchte alle möglichen Sportveranstaltungen von Football und Basketball bis hin zu Eishockey und ich begann langsam, mich mit meiner Gasthochschule verbunden zu fühlen. Die große Auswahl an Unimerchandise und die vielen kostenlosen T-Shirts, die verteilt wurden, förderten dies nur.

Der Unialltag unterschied sich in vielen Aspekten sehr von dem in Deutschland. Kleine Kurse war ich zwar bereits aus Konstanz gewöhnt, jedoch erlebte ich das Verhältnis zu den Dozenten und Professoren hier als deutlich persönlicher als an meiner deutschen Universität. Dozenten nannten ihre Studenten gewöhnlich beim Vornamen und auch ein kleiner Plausch vor oder nach dem Unterricht war keine Seltenheit.

Ungewohnt für mich war außerdem die Flut an Abgaben, die ich während des Semesters zu bewältigen hatte. Die einzelnen Aufgaben waren weder sonderlich aufwendig noch sehr umfangreich, jedoch war ich es nicht gewohnt, außerhalb der Klausurenphase und der Semesterferien so viel erledigen zu müssen. Das führte zwar zu einigen stressigen Tagen, jedoch nahm es insgesamt auch den Druck aus den einzelnen Leistungen raus, da nicht alles von einer einzigen Klausur bzw. Hausarbeit abhing. Dadurch, dass alle Leistungen während des Semesters erbracht wurden, hatte ich dann tatsächlich auch einmal Semesterferien, in denen ich rein gar nichts für die Uni erledigen musste.

Ich wohnte in einem klassischen Studierendenwohnheim mit Gemeinschaftsbad und einem geteilten Zimmer, und es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mir ein Zimmer mit einer anderen Person teilte. Auch wenn die eigene Privatsphäre dadurch durchaus eingeschränkt wird, so war diese Wohnsituation schlussendlich deutlich weniger schlimm als erwartet. Ich hatte sehr viel Glück mit meiner britischen Mitbewohnerin, da wir uns gut verstanden und ähnliche Vorstellungen vom Zusammenleben hatten. Sich ein Zimmer mit jemandem zu teilen, bedeutet, dass man diese Person von einer ganz anderen Seite kennenlernt, als man es üblicherweise tun würde. In meinem Fall führte das zu vielen lustigen Situationen und langen nächtlichen Gesprächen.

Während meiner Zeit hier lernte ich Menschen aus vielen verschiedenen Ländern kennen und machte die außergewöhnliche Erfahrung, Teil einer engen Gemeinschaft an Austauschstudierenden zu sein. Wir alle waren in ein und derselben Situation: Wir waren weit entfernt von unserem Zuhause und von unseren Liebsten. Das Essen, kulturelle Gegebenheiten und gesellschaftliche Umgangsformen unterschieden sich teilweise stark von dem, was wir kannten. Vieles war fremd und neu, und es war unbeschreiblich schön und hilfreich, diese neuen Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen. Ich lernte in meiner Zeit in Connecticut nicht nur die amerikanische Kultur kennen, sondern bekam auch Einblicke in das Leben und die Kultur von Menschen aus Irland, Israel, Singapur, Australien und zahlreichen anderen Ländern. Ich lernte faszinierende Individuen kennen, führte viele spannende Gespräche, und formte Freundschaften, die hoffentlich noch lange bestehen werden.

Insbesondere beim unvermeidlichen Aufkommen von Heimweh spendete diese Gemeinschaft an Internationalen wohltuenden Trost. Telefonate und Besuche von geliebten Menschen halfen dagegen selbstverständlich auch, doch es waren vor allem die anderen Austauschstudierenden, die mir durch solche Phasen halfen, da sie mich wortlos verstanden.

Im Vergleich dazu war es zunächst deutlich schwieriger, Freundschaften mit Amerikanern zu schließen. Ich lernte zwar viele freundliche, hilfsbereite Menschen kennen, jedoch blieb es mit vielen lediglich bei einer Bekanntschaft. Dies änderte sich glücklicherweise mit der Zeit, und ich war dadurch in der Lage, die amerikanische Kultur noch einmal tiefer kennenzulernen.

Ich unternahm viele Reisen während meines Auslandssemesters und sah dabei nicht nur verschiedene Teile der USA, sondern machte auch einige unvergessliche Erfahrungen. Ich besuchte Großstädte wie NYC, Washington DC und Boston, fuhr ans Meer nach Cape Cod und Newport und sah umwerfend schöne Leuchttürme in Maine und New Hampshire. Eins meiner persönlichen Highlights war meine Reise nach Puerto Rico. Über Thanksgiving hatten wir eine Woche frei und ich flog in dieser Zeit mit zwei anderen Austauschstudierenden nach San Juan. Wir verbrachten viel Zeit am Strand, erkundeten den historischen Teil der Stadt und machten einen Ausflug in den Regenwald El Yunque, in welchem wir die uns unbekannte Flora und Fauna erkundeten, von Klippen sprangen und unter natürlichen Wasserfällen schwammen. Puerto Rico verzauberte mich mit seinem köstlichen karibischen Essen, den Palmen, den bunten Häusern und den herzlichen Menschen.

Alles in allem war mein Auslandsjahr in den USA eine fantastische Erfahrung und ich bin unendlich dankbar für die vielen schönen Erinnerungen, die ich mit nach Hause nehme. Ich kann jedem, der über ein Auslandssemester nachdenkt, nur empfehlen, diese einmalige Chance zu ergreifen. Man lernt nicht nur wunderbare, interessante Menschen kennen, sondern lernt auch unglaublich viel über sich selbst. Ein Auslandssemester ist eine ideale Erfahrung, um aus dem gewohnten Umfeld herauszukommen, eigenständiger zu werden und über sich selbst hinauszuwachsen.