Anderthalb Jahre Online-Unterricht an deutschen Hochschulen – Ein Resümee
Der Beginn der weltweiten Corona-Pandemie bedeutete für die meisten Studierenden eine große Umgestaltung ihres Studienalltags. Nicht nur wurde der Vorlesungsbetrieb in den vergangenen drei Semestern großflächig von der Präsenzlehre auf den Online-Unterricht umgestellt; auch das studentische Leben auf dem Campus kam an den meisten Hochschulen zum Erliegen. Welche Auswirkungen die Umstellung auf die Online-Lehre hat, welche Vor- und Nachteile beide Studienformen bieten und wie in Zukunft mit digitalen Lehrmöglichkeiten verfahren werden kann, möchte der folgende Beitrag näher betrachten.
Bereits seit drei Semestern finden Vorlesungen an deutschen Hochschulen fast ausschließlich online per Videokorrespondenz statt. Da für das kommende Wintersemester in Aussicht gestellt wird, dass zumindest teilweise wieder Präsenzunterricht abgehalten werden kann, ist es an der Zeit, die vergangenen anderthalb Jahre Online-Unterricht Revue passieren zu lassen und die folgenden Fragen zu erörtern.
Wie hat der Online-Unterricht die deutsche Studienlandschaft verändert? Welche Vor- und Nachteile bieten Fernvorlesungen per Videokonferenz? Und in welchem Umfang wird auch in postpandemischer Zeit verstärkt auf Digitalunterricht gesetzt werden?
Der Ausbruch der Corona-Pandemie bedeutete für die meisten Studierenden zunächst eine große Umstellung ihres Studienalltags. Statt wie gewohnt zur Universität zu fahren und gemeinsam mit Ihren Kommilitonen die Vorlesung zu besuchen, waren die meisten Studierenden in den vergangenen drei Semestern gezwungen, den Großteil ihres Studiums allein von zu Hause aus per Videokorrespondenz zu bestreiten. Kontakt mit anderen Studenten war dabei nur noch eingeschränkt möglich. Auch das studentische Leben auf dem Universitätscampus kam an den meisten Hochschulen zum Erliegen. Dass die Umstellung der Präsenzlehre auf die Online-Lehre jedoch nicht nur Einschränkungen, sondern auch neue Möglichkeiten mit sich gebracht hat, zeigen die folgenden Überlegungen.
Ein erster gewichtiger Vorteil der Online-Lehre liegt darin, dass diese unabhängig von einer tatsächlichen Präsenz am Studienort durchgeführt werden kann. Während ein Studienbeginn in der Präsenzlehre häufig einen Wechsel des Wohnortes nach sich zieht, kann im Rahmen eines Onlinestudiums dieses bequem vom derzeitigen Wohnort absolviert werden. Hierzu kommt des Weiteren, dass durch die Teilnahme an der Vorlesung aus den eigenen vier Wänden heraus auch An- und Abfahrtszeiten zur Universität wegfallen. Dies sorgt für eine bessere Zeitplanung während des Studiums. Gesteigert wird dies noch dadurch, dass während des Online-Studiums viele Lehrende einen Teil der Live-Vorlesungen durch Podcasts ersetzen, die von den Studierenden zu einem beliebigen Zeitpunkt nachbereitet werden können. Hierdurch erhält das Online-Studium eine besonders hohe Flexibilität, die es insbesondere für solche Studenten attraktiv macht, die neben dem Studium bereits zeitlich anderweitig verpflichtet sind. Dies betrifft etwa solche Studenten, die bereits Kinder betreuen müssen. Aber auch Berufstätige, die neben dem Beruf noch ein Studium absolvieren möchten, können durch die Online-Lehre Möglichkeiten der Weiterbildung nutzen, die ihnen im Rahmen der Präsenzlehre verwehrt sind. Insgesamt sind daher die hohe Flexibilität sowie Zeitersparnisse als Hauptvorteile des Online-Studiums zu nennen.
Hauptnachteil des reinen Online-Studiums ist hingegen der fehlende Kontakt zu Kommilitonen und Dozierenden. Zwar kann argumentiert werden, dass durch den Wegfall der Präsenzzeiten und die damit einhergehende Zeitersparnis die Studienzeit effektiver genutzt werden kann. Jedoch bietet der regelmäßige Kontakt zu Lehrenden und Mitstudierenden Vorteile, die für einen erfolgreichen Abschluss des Studiums hilfreich sind. So fördert etwa der regelmäßige fachbezogene Austausch das eigene Verständnis des Studienstoffes. Zudem kann ein weitgehend isoliertes Studium die persönliche Motivation negativ beeinflussen. Ein ausreichend großer Erkenntnisaustausch kann daher für den Erfolg des Studiums als ebenso hilfreich angesehen werden wie die mit der Online-Lehre verbundenen Zeitersparnisse.
Insgesamt lässt sich daher sagen, dass sowohl das Fernstudium als auch die Präsenzlehre Vor- und Nachteile mit sich bringen und beide Studienformen Vorzüge aufweisen, die für ein erfolgreiches Studium förderlich sind.
Da das Ende der Pandemie auch zum Semesterbeginn im kommenden Wintersemester 2021/2022 noch nicht absehbar ist, wird die Rückkehr zur Präsenzlehre auch im kommenden Semester nur in einem eingeschränkten Umfang erfolgen. Ein Großteil der Veranstaltungen wird wohl auch weiterhin hautsächlich online stattfinden. Für die nachfolgenden Semester muss jedoch die Grundsatzfrage beantwortet werden, wie nach dem Ende der Pandemie mit den Möglichkeiten der Online-Lehre verfahren werden soll. Es muss insbesondere abgewogen werden, ob wieder eine vollständige Rückkehr zur reinen Präsenzlehre stattfinden soll oder ob Teile der Online-Lehre beibehalten werden sollen. Wie aufgezeigt, haben sowohl Präsenz- als auch Online-Lehre ihre Vor- und Nachteile. Die weltweite Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen hat es ermöglicht, weitreichende Erfahrungen im Umgang mit dem Thema Online-Unterricht zu sammeln. Dies wäre in einem solchen Umfang unter Normalbedingungen wohl nicht möglich gewesen. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sollten genutzt werden, um in Zukunft das Beste aus Online- und Präsenzlehre zu vereinen. Eine solche Vereinigung könnte etwa darin bestehen, wieder zur Präsenzlehre zurückzukehren, um den Kontakt und Austausch zwischen Studierenden und Dozenten sowie den Studierenden untereinander zu fördern. Zugleich könnten jedoch auch weiterhin digitale, zeitflexible Elemente wie Podcasts – wie in Corona-Zeiten – zur Vertiefung des Lernstoffs angeboten werden. Die durch die Pandemie erzwungenen Erfahrungen mit der Online-Lehre bieten daher im Ergebnis die Möglichkeit, auch in Normalzeiten die allgemeinen Rahmenbedingungen der Lehre zu verbessern.