Abitur während Corona
Abitur – Die Allermeisten denken dabei nicht nur ans Pauken, sondern auch an Partys, witzige Kostüme, stolze Eltern und feuchtfröhliche Abibälle. Dieses Bild hatten auch die Abiturient:innen aus dem Pandemiejahr 2020 wenige Monate vor ihrer Abschlussprüfung vor Augen. Doch wie wir alle wissen, sollte vieles anders kommen als geplant…
Im Mai bzw. Juni 2020 habe ich mein Abitur in Saarbrücken gemacht. Die Vorbereitungen darauf begannen langsam im Januar 2020. Wir fingen nicht nur an zu lernen, sondern planten auch ausgiebig unsere Abi-Feier sowie die beliebte „Mottowoche“. Im Januar ahnten wir noch nicht, dass sich das in China ausgebrochene Virus alsbald zu einer weltweiten Pandemie ausweiten würde. Auch im Februar waren wir trotz steigender Infektionszahlen und erhöhter Medienpräsenz noch guter Dinge hinsichtlich unseres Abiturs – wenn uns auch in manchen Fächern die Verzweiflung beim Lernen schier übermannte.
Im März kam plötzlich alles anders. In der Schule wurde über eine vorübergehende Schließung diskutiert, aber noch wusste keiner so genau, was eigentlich los war. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie ich am Freitag zur Schule ging und es völlig unvermittelt hieß, das könnte unser allerletzter Schultag sein. Für alle, die an böse Omen glauben: Ja, es war ein 13.! Wir hätten eigentlich noch zwei Wochen Schule gehabt, in denen auch unsere „Mottowoche“ geplant war, bevor wir nach den zweiwöchigen Osterferien dann unser Abitur hätten schreiben sollen. Alles kam anders und so erfuhren wir in unserer letzten Stunde an diesem Freitag, dass dieser Tag tatsächlich unser endgültig letzter sein sollte. Unser Chemie-Lehrer versuchte uns danach zwar noch zum Mitmachen zu motivieren, doch vergebens. Wir waren alle sehr emotional, als wir ohne Vorwarnung erfuhren, den letzten Tag unserer Schullaufbahn so beenden zu müssen. Ab jetzt hieß es Quarantäne. Keiner wusste für wie lange, geschweige denn, wie sich das CoV-2-Virus entwickeln würde.
Manche Lehrer:innen versuchten, in den zwei Wochen vor den Ferien ihren Stoff per Online-Lehre zu übermitteln, in der Hoffnung, das Abitur würde wie geplant stattfinden. Sie lagen falsch. Das Ministerium verschob den Abiturtermin immer weiter nach hinten, ohne ein genaues Datum festzulegen.
Von früh bis spät gefangen in Quarantäne, blieb einem nichts weiter übrig, als die Tage mit halbstündigen Spaziergängen, lernen und Social Media zu füllen. Man konnte seine Freund:innen außer über Video-Anrufe nicht sehen und sich nicht richtig mit ihnen austauschen, weder über den Abiturstoff noch über das eigene Leben, wenn es in der Zeit überhaupt etwas Spannendes zu erzählen gab. Alles wurde auf die eigenen vier Wände begrenzt.
Mit der Zeit starteten Petitionen, das Abitur abzusagen, aber ohne Erfolg. Schließlich wurde ein Abiturtermin festgelegt, eineinhalb Monate später als ursprünglich geplant. Wir wurden daraufhin unter strengen Auflagen nochmal für zwei Wochen in die Schule geschickt, um die Lehrer:innen in den Fächern, in denen wir unser Abitur absolvieren wollten, mit restlichen Fragen zu löchern. Als richtige Schultage empfand das aber niemand mehr. Auch der Plan, unsere „Mottowoche“ nachzuholen, scheiterte. Schon besorgte Kostüme konnte man dann wieder entsorgen.
Schließlich war die Zeit gekommen und wir schrieben unser Abitur. Wir freuten uns, alle wiederzusehen, wenn auch mit Maske. Als wir mit den Prüfungen fertig waren, warteten wir auf unsere Noten. Zu dieser Zeit wurden die strengen Quarantäne-Auflagen aufgehoben und immer mehr gelockert, weshalb es uns möglich war, die Zeugnisübergabe in einer Kirche abzuhalten. Natürlich mit Maske und Abstandsregeln. Eltern durften auch nicht kommen, da sonst die zulässige Teilnehmerzahl überschritten worden wäre. Immerhin konnten wir so noch unsere gekauften Abikleider nutzen. Unter unserem Abimotto „ABIndieQuarantäne“ schlossen wir so unsere Schullaufbahn nach zwölf Jahren ab. Am Tag der Zeugnisübergabe trafen wir uns alle nochmal am Staden im Freien, um trotz vergebens organisierter Abifeier und -party unseren Erfolg des bestandenen Abiturs doch noch ein wenig zu feiern.
Heute, gut zwei Jahre später, blicke ich auf diese Zeit dennoch freudig zurück, auch wenn die Umstände alles andere als wünschenswert waren.